Der Theaterverein Thalia Buchholz von 1908 – 2008

In Buchholz, einem kleinen Kirchdorf am Rande des Erzbistums Köln, gab es Anfang des 20. Jahrhunderts einen steigenden Bedarf an Geselligkeit und Unterhaltung. Die ersten Vereine entstanden und so hatte auch der Theaterverein Buchholz vor 100 Jahren seine Gründerversammlung. Junge Leute aus verschiedenen Ortsteilen um und in Buchholz trafen sich und beschlossen zusammen Theater zu machen.
So wurde unter dem Leitspruch „Ernst ist das Leben, heiter die Kunst“ am 5. Oktober 1908 der Verein als Theaterverein Buchholz mit 16 Mitgliedern gegründet.

Der Vorstand bestand aus den Personen Josef Gödtner (Präsident), Josef Fassbender (Kassierer) und Fritz Gödtner (Schriftführer).
„Der Verein hat den Zweck, Freundschaft und Geselligkeit zu pflegen, sowie durch den Vortrag guter Theaterstücke den Sinn für das Gute und Schöne zu fördern und die Liebe zur Heimat und Kultur zu festigen“, ein Zitat des Chronisten Heinrich Stockhausen – „de Stockhuuse Heinche“ genannt – aus dem Jahre 1953 zum 45-jährigen Bestehen des Vereins.

Die allererste Theateraufführung fand am 2. Weihnachtstag, dem 26.12.1908, im Saale Melzer in Buchholz statt.
Bei uns gab es noch kein elektrisches Licht, kein Radio, Fernsehen, Autos oder Flugzeuge. Es war eine besinnliche und ruhige Zeit ohne Hektik. Abends brannten die Kerzen oder Petroleumlampen. – Und es gab Bedarf an Unterhaltung!

Im Winter wurde Theater gespielt und mit Begeisterung aufgenommen.

Doch dann kam der erste Weltkrieg, August 1914 bis November 1918, und machte allen Vereinstätigkeiten ein Ende. Fast alle Vereinsmitglieder wurden zu den Waffen gerufen, drei Mitglieder kehrten nicht mehr zurück. Erst im Jahre 1919 fand wieder eine Veranstaltung statt.

1922 trat Pantaleon Stockhausen dem Verein bei und wurde zum Präsidenten gewählt. Er sollte den Verein die nächsten 35 Jahre als Präsident und Regisseur leiten. „De Pändel“ – wie er im Volksmund genannt wurde – hat die Geschichte des Vereins, aber auch die der Bühne, in den Jahren 1922 bis 1957, ganz entscheidend geprägt.

Um den Gefallenen des Krieges eine würdige Gedenkstätte zu schaffen, beschloss der Verein eine Kriegergedenkplatte zu stiften. Eine Glasplatte mit 1553 Buchstaben zum Preis von 628,- Reichsmark. Hier fragt man sich: Wieso stiftete der Theaterverein diese Gedenkplatte? - Das kam daher, weil die französische Militärregierung damals keinem uniformierten Verein dies gestattete und so entschied sich der Theaterverein zu dieser Handlung.

1927 beschloss der Verein sich eine Vereinsstandarte anzuschaffen. Bei der Bonner Fahnenfabrik wurde eine Vereinsstandarte zum Preis von 354,90 RM und eine Fahnenschleife von 88,00 RM in Auftrag gegeben. Der Verein, der bisher Theaterverein Buchholz hieß, hatte sich nun den Namen „Thalia“ zugelegt. Am 17. Juli 1927 konnte die Weihe der Standarte unter Beteiligung sämtlicher Ortsvereine und befreundeter Theatervereine gefeiert werden.

Das Theater hatte seinen festen Platz im kulturellen Leben der Dorfgemeinde und erfreute sich großer Beliebtheit. Neben den üblichen ernsten Theatervorstellungen wurden ab dem Jahr 1928 auch humoristische und musikalische Vorträge zur Aufführung gebracht. Meist wurden 2 Stücke an einem Abend aufgeführt – ein Ernstes und eine Komödie. Regelmäßig gab es Aufführungen im November, am 2. Weihnachtstag und im Januar. In der Karnevalszeit organisierte man eine Kappensitzung und einen Maskenball am Veilchendienstag.

Durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges im September 1939 wurde die erfolgreiche Arbeit des Vereins wiederum jäh unterbrochen. Viele Mitglieder, die den Kriegsdienst leisten mussten, sahen ihre Heimat nicht wieder. Viele Mitglieder wurden verwundet und es gingen auch viele wertvolle Dokumente der Vereinstätigkeit verloren.

Erst im Herbst 1946 war es nach langen Verhandlungen und Anträgen möglich, die Proben wieder aufzunehmen. Mit 22 Mitgliedern begann der Neuanfang. Pantaleon Stockhausen als Präsident und Regisseur führte den Verein zu neuen Erfolgen. Sein Bruder Heinrich Stockhausen übernahm das Amt des Schriftführers. Ihm ist zu verdanken, dass ein neues Protokollbuch geführt wurde, in dem die verlorenen Aufzeichnungen aus noch bekannten mündlichen Überlieferungen von ihm eingetragen wurden.

Die erste Aufführung nach dem Kriege war, nach vielen Mühen und Arbeiten um aus dem übrig gebliebenen Trümmerhaufen wieder eine Bühne zusammen zu bringen, am 26. Dezember 1946 zustande gekommen. Sage und schreibe 760 Personen waren zu dieser Aufführung im Saal Lichius/Höhner erschienen und hatten dem Verein über die Jahre die Treue gehalten! Die Zuschauer saßen zum Teil auf den Fensterbänken und standen in dichten Reihen am Ende des Saales.

Zur Aufführung gelangten, der Zeit angepasst:

„Das Lied der Mutter“ Schauspiel in 4 Akten
„Die Auswanderer“ Lustspiel in 2 Akten
„Der Glockenguss von Breslau“ von 1955

„Der Glockenguss von Breslau“ von 1955
stehend v.l.n.r.: Heinrich Stockhausen, Franz-Josef Wallau, Josef Limbach, Severin Walgenbach, Johann Schmitz, Karl Wallau, Michael Wallau, Helmut Becher, Albert Höhner, Anni Schmitz, Josef Neifer, Georg Limbach, Johann Zimmermann;
sitzend: Liesel Muß, Margot Schmidt, Pantaleon Stockhausen, Willi Manns, Heinrich Stockhausen

Unvergessen sind die vielen vom Publikum geliebten und gefeierten Schauspieler.
Nachdem die alte Standarte im Krieg verloren gegangen war, wurde 1947 eine neue Fahne angeschafft, die im Jahr 1948 geweiht wurde im Zusammenhang mit der Feier des 40-jährigen Jubiläums.

Anfang des Jahres 1958 trat Pantaleon Stockhausen aus Altersgründen als Präsident zurück. Es wurde ein neuer Vorstand gewählt. Präsident wurde Michael Wallau “de Wallau Michel“, ein bühnenkundiger Mann. Das Amt des Regisseurs übernahm Ludwig Eich senior.
Im selben Jahr am 07.09.1958 feierte der Verein sein 50 jähriges Bühnenjubiläum.

Das Festprogramm begann mit der hl. Messe um 8.30 Uhr in der Pfarrkirche St. Pantaleon in Buchholz. Um 19.00 Uhr begann das Abendprogramm mit dem Lustspiel „Max macht einen Seitensprung“, welches großen Beifall brachte. Nach der Aufführung ehrte der Präsident die Jubilare mit einem kleinen Geschenk für ihre treuen Dienste und anschließend wurde bis spät in die Nacht getanzt, schreibt der Schriftführer Albert Höhner.

Es schlossen sich weitere Theatererfolge an:

„Und Friede den Menschen auf Erden“ Weihnachtliches Schauspiel in 2 Akten
„Der unschuldige Dorfsünder“ Lustspiel in 3 Akten
„Heimweh am Wolgastrand“ Schauspiel in 3 Akten
„Ein Herz zerbricht“ Schauspiel in 5 Akten
„Das blutige Edelweiß“ Schauspiel in 3 Akten
„Gefreiter Anton Schluck“ Militärschwank in 1 Akt

Alte und junge Schauspieler aus Buchholz und Umgebung zeigten ihr Können und wurden vom Publikum begeistert gefeiert.
Mit dem Anbruch des „Fernsehzeitalters“ begann für das Laientheater eine schwierige Phase. Die Leute fanden es bequemer in der warmen Stube vor dem Fernseher zu sitzen, als bei Wind und Wetter und meist zu Fuß ins Theater zu gehen. So fand am 26.12.1963 im Saale Höhner-Höfer die vorerst letzte Theateraufführung statt.

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